Positionen einer Generation
Titel: Zwischen Kostenschätzung, Muttermilch und Bauwende – Positionen einer Generation
Nutzung: Ausstellung
Ort: Wien und als Wanderausstellung
Auftraggeber: Architekturzentrum Wien
Status: Organisation Workshopreihe und Ausstellung
Jahr: 2022 – 2023
„Zwischen Kostenschätzung, Muttermilch und Bauwende“, kurz: zkmb,
ist eine Momentaufnahme einer Generation von jungen Architekt*innen, die trotz multipler Krisen mit taktischem Optimismus agiert. Inmitten drängender Herausforderungen – Klimakrise, steigende Bau- und Mietkosten, Gebäude als Spekulationsobjekte und eingeschränkte Handlungsspielräume – bauen sie eigene Praxen auf. Sie wollen in gerechten Arbeitsstrukturen und kooperativ für eine sozial verantwortliche Bauwende arbeiten. Der Ausstellungstitel bildet den Rahmen für ein umfassendes, kollektiv kuratiertes Mapping, das Positionen versammelt und Fragen stellt, um Diskussionsräume zu öffnen. Gleichzeitig erweitert die Ausstellung temporär die Schausammlung des Az W „Hot Questions – Cold Storage“ um die Perspektiven der jüngsten Generation.
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„Wir sind nur ein kleiner Teil von vielen jungen ArchitektInnen. Wir können nicht für die gesamte Generation sprechen, sondern viel mehr Tendenzen aufzeigen und unsere drängenden Fragen, Forderungen und bereits erprobten Taktiken in diesem Mapping offenlegen und zu Kritik und Erweiterung einladen“, so das KuratorInnenteam, das die Ausstellung in einem kollektiven Prozess mit 60 beteiligten ArchitektInnen erarbeitet hat.
Ausstellung
Die Ausstellung im Architekturzentrum Wien gliedert sich in sieben Themenfelder. Sie zeigen und versammeln die Anliegen, die in den gemeinsamen Workshops, Interviews und Diskussionen häufig genannt wurden oder besonders relevant sind:
Übers Anfangen und (nicht) Scheitern: Was motiviert junge ArchitektInnen eine eigene Praxis zu gründen? Und wo liegen die Probleme? – Mit Überzeugung erschließen sich angehende ArchitektInnen vielfältige Tätigkeitsfelder, abseits vom klassisch vermittelten Bild des neu-bauenden, männlichen Architekten. Kreative Projektakquise und kooperative Arbeitsstrukturen sind hier gefragt.
Architecture-Life-Balance: Wie können wir gerechte(re) Arbeitsstrukturen gestalten? – In Dialogen teilt Architekt*in JUL unverblümt Erfahrungen aus der Praxis. Die Gespräche verdeutlichen, dass ein gesunder Arbeitsalltag mit Qualitätsanspruch in der Architekturproduktion oft nicht vorhanden ist, sich dies aber vereinbaren ließe.
Exklusivität // Diversität: Wer gestaltet eigentlich Raum und für wen wird er gestaltet (oder eben nicht)? – Sowohl die Zugänglichkeit zum Beruf als auch der Zugang zu leistbarem und qualitätsvollem, (Wohn-)Raum muss gerechter gestaltet werden. Der aktuelle, lückenhafte Forschungsstand zu Chancengleichheit und Teilhabe zeigt, dass der Architekturbetrieb noch viel notwendige Arbeit vor sich hat.
Mitreißen statt Abreißen: Dürfen wir noch (neu) bauen in Zeiten der Klimakrise? – Weg vom Neubauen und hin zum Instandsetzen, Reorganisieren, Reparieren, Umbauen und Erhalten, doch dafür braucht es veränderte Rahmenbedingungen. In Forderungen wird die Dringlichkeit einer sozial und klimagerechten Umstrukturierung der Architekturproduktion aufgezeigt.
Bildet Banden und streut Seedbombs! Wie verbünden wir uns, um unseren Handlungsraum zu vergrößern? – Für strukturelle Veränderungen müssen sich viele Kolleginnen zusammenfinden und stärkere Netzwerke bilden. Ein organisierter Zusammenschluss könnte allen Mitstreiterinnen dabei helfen, mehr politische Wirksamkeit zu gewinnen.
Phase 0 und Phase 10 – Kreislaufplanung als Schlüssel zur Bauwende: Wie muss der Planungsprozess aussehen, um soziale und ökologische Anliegen verfolgen zu können? – Kooperative Bedarfserhebungen und kritische Nutzungsanalysen sind nötig, um zukünftig auch Planungsprozesse in einen ganzheitlich gedachten Kreislauf zu bringen und die gebaute Umwelt bedarfsorientierter und umsichtiger gestalten zu können.
Taktischer Optimismus: Mit welchen Praktiken können wir unsere sozial- und klimagerechte Haltung bewahren und Architektur produzieren, die dieser entspricht? – In exemplarischen Projekten wird sichtbar, wie junge ArchitektInnen durch diverse Strategien ihren optimistischen Antrieb beibehalten. Ein Blick hinter die Fassaden und in Arbeitsprozesse zeigt, wie spielerisch sie an einer lebenswerten Zukunft arbeiten.
Gestaltung der Ausstellung
Das Holz aus der vorhergehenden Ausstellung „Yasmeen Lari: Architektur für die Zukunft“ wurde sichtbar wiederverwendet und mit nur zwei neuen Schnitten zu einer raumgreifenden Struktur umgewandelt. Frei gespielt von den Wänden, können sich Besucher*innen durch das dreidimensionale Mapping bewegen. Das Lari-Mobiliar lädt erneut zum Verweilen und Diskutieren ein. Querverweise am Boden stellen Verbindungen her, auch in die Schausammlung, und zeigen, dass einige der in der Ausstellung formulierten Forderungen schon länger bestehen.
Kollektiver Prozess
Insgesamt 60 junge ArchitektInnen, die ihre Praxen in Österreich und Umgebung aufbauen, wurden in die Vorarbeit der Ausstellung einbezogen. 34 von ihnen kamen im Frühjahr 2023 für Workshops in Linz, Dornbirn und Graz zusammen, einige aus dieser Gruppe und 26 weitere wurden außerdem 2022 von den beiden Initiatorinnen Ella Felber und Silvester Kreil in der nextroom-Interviewserie „Junge ArchitektInnen verorten sich“ zu ihren Anliegen befragt. Inzwischen bilden 13 dieser 60 jungen ArchitektInnen bilden das zkmb Kernteam: Solveig Furu Almo, Ella Felber, Anna Firak, Silvester Kreil, Lukas Pankraz Mähr, Natascha Peinsipp, Felix Steinhoff, Jakub Dvorak, Clara Hamann, Judith Kinzl, Jamie Wagner, Felix Zankel und Theresa Reisenhofer.
Ausstellung Kurator*innen und Gestaltung:
zkmb Kernteam 2023
Solveig Furu Almo, Ella Felber, Anna Firak, Silvester Kreil, Lukas Pankraz Mähr,
Natascha Peinsipp, Theresa Reisenhofer und Felix Steinhoff
Ausstellungsgrafik: Stella Kucher
Projektkoordination: zkmb Kernteam
und Katharina Ritter
Fotos: Stella Kucher und Lisa Rastl